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Prädiktive Systemmodelle ermöglichen Kühllösungen für Vollreifen im autonomen Transport

Vollreifen werden für autonome Logistiklösungen immer wichtiger. Sie sind langlebig und stabil; der Wartungsaufwand ist gering, der Umweltvorteil signifikant. Diese Eigenschaften gewährleisten, dass autonome Fahrzeuge zuverlässig und effizient betrieben werden können, um den hohen Anforderungen moderner Logistik gerecht zu werden. Insbesondere bei Geschwindigkeiten ab 20 Stundenkilometern ist jedoch eine effiziente Kühlung im Betrieb von Vollreifen entscheidend. Helbling entwickelt prädiktive Systemmodelle, die das thermische Verhalten der Reifen simulieren. Hierdurch wird eine einsatzgerechte Dimensionierung der Kühllösung und damit ein sorgenfreier Einsatz im längeren oder temporeicheren Betrieb möglich.

Vollreifen unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Reifen durch ihre feste Gummi- oder Polymerstruktur ohne eine innere luftgefüllte Kammer. Dieses Design beseitigt das Risiko von Reifenpannen und erhöht die Haltbarkeit. Das macht sie zur idealen Lösung für industrielle Förderfahrzeuge und Ausrüstungen von autonomen Logistiksystemen. Zum Einsatz kommen sie zum Beispiel bei Anwendungen wie Gabelstaplern und Lagerfahrzeugen, beim Transport von schweren Lasten bei Industriefahrzeugen, Baumaschinen und Erdbewegungsgeräten oder im Strassenbau. In diesem Zusammenhang ist jedoch das Verständnis des thermischen Verhaltens dieser Reifen entscheidend, um deren Leistung zu optimieren und die Sicherheit und Effizienz autonomer Transportfahrzeuge auch bei höheren Geschwindigkeiten zu gewährleisten. Ein Management der Wärme, die während des Betriebs anfällt, verhindert etwa potenzielle Ausfälle und frühzeitige Materialalterung. Nur so können die Vorteile der Vollreifen voll zum Tragen kommen: Sicherheit, hohe Leistung, verlängerte Lebensdauer, geringere Wartungskosten und ökologische Nachhaltigkeit. 

Abbildung 1: Schematische Darstellung der verschiedenen thermischen Komponenten, die auf einen Vollreifen wirken. Q1 bezeichnet den Hysterese-Effekt, Q2 stellt die Reibungseffekte dar, Q3 steht für den konduktiven Wärmeübergang in den Boden, Q4 repräsentiert interne Wärmeleitungn, Q5 die Wärmeleitung zwischen Felge und Reifen und Q6 repräsentiert die Konvektion zwischen der Reifenoberfläche und der Luftumgebung. Abbildung: Helbling 

Auf Projektbasis hat Helbling Erfahrung mit dem Wärmemanagement von Vollreifen gesammelt. Grundlegend dafür sind prädikative Systemmodelle, die das thermische Verhalten der Reifen im Betrieb beschreiben. Für dieses Vorgehen sind unter anderem mathematisches, physikalisches Wissen, sowie neben Kenntnissen zur Längs- und Querdynamik von Fahrzeugen auch die Expertise in der Fluiddynamik notwendig. Das zeigt, wie interdisziplinär derartige Projekte angelegt sein müssen. Helbling kann hier auf Fachleute aus den Bereichen Fahrzeugtechnik, Modellierung & Simulation und Thermo- und Fluidmanagement zurückgreifen. 

Abbildung 2: Graphische Darstellung des Systemmodells. Abbildung: Helbling 

Das thermische Modell bildet die Basis der Simulation

Das thermische Verhalten innerhalb eines Vollreifens ergibt sich aus verschiedenen Phänomenen während der jeweiligen Fahr- oder Bremsphasen. Durch die Nutzung mathematischer und physikalischer Formeln kann ein prädiktives Systemmodell entwickelt werden, um dieses thermische Verhalten zu simulieren. Das Modell erfordert detaillierte technische Daten wie Wärmeleitfähigkeit, konduktive und konvektive Austauschkoeffizienten und Wärmekapazität. Diese Parameter sind oft herstellerseitig gut geschützt oder liegen nicht umfassend vor.

Abbildung 3: Geschwindigkeiten bis 40 km/h wurden über eine Einsatzzeit von fast 2.5 Stunden simuliert, bevor die Abkühlungsphase eingeleitet wird. Die Resultate zeigen, dass im Reifeninneren Temperaturen weit über 100°C erreicht werden können. Abbildung: Helbling

Simulation und Parametrisierung benötigen vertieftes Fachwissen

Um ein genaues Simulationsmodell zu erstellen, werden zunächst unbekannte Parameter geschätzt. Die Simulation verwendet ein Geschwindigkeitsprofil als Referenz, um das thermische Verhalten unter verschiedenen Betriebsbedingungen vorherzusagen. Das Modell wird validiert, indem das thermische Verhalten der Reifen unter verschiedenen Geschwindigkeiten und Lasten gemessen und diese Messungen mit den Simulationsergebnissen verglichen werden.

Abbildung 4: Testumgebung mit verschiedenen IR-Temperatursensoren. Abbildung: Helbling

Experimentelle Validierung bestätigt Zuverlässigkeit des thermischen Modells

Während der Messkampagne werden die Reifen mit Lasten bis zu 800 Kilogramm und Geschwindigkeiten von 5 bis 40 Stundenkilometer getestet. Die Simulation sagt die resultierende Oberflächentemperatur zuverlässig voraus und demonstriert die Zuverlässigkeit des Modells. Dieser Validierungsprozess ist entscheidend, um die Anwendbarkeit des Modells in realen Szenarien sicherzustellen.

Abbildung 5: Vergleich zwischen den Simulationsresultaten (rot) und Messwerten (schwarz) der Reifenoberflächentemperatur für verschiedene Geschwindigkeiten und Beladungen. Abbildung: Helbling

Passive Kühlungskonzepte punkten mit Effizienz

Bei höheren Geschwindigkeiten und Lasten können Temperaturen über hundert Grad Celsius über längere Zeiträume auftreten, was eine effektive Kühlung erfordert, um die Sicherheit und Langlebigkeit der Reifen zu gewährleisten. Passive Kühllösungen haben sich hierbei als am effizientesten erwiesen. Dabei wird der durch die Fahrzeugbewegung erzeugte Luftstrom genutzt, wie in Abbildung 6 zu sehen ist. Räumliche Fluid- und konjugierte Wärmesimulationen zeigen die Vorteile der passiven Luftkühlung. Sie bieten auch Richtlinien für Designoptimierungen, um die Kühleffizienz zu maximieren.

Alternative Ansätze wie die Wasser- oder aktive Luftkühlung bieten eine gerade im Stillstand und bei tieferen Geschwindigkeiten höhere Kühlleistung, sind aber technisch komplexer und weniger energieeffizient. 

Abbildung 6: Design für eine passive Kühllösung sowie den simulierten Effekt einer passiven Kühlung auf die Fahrzeugvorderachse, dargestellt für den Fall einer Anströmgeschwindigkeit von 10 m/s. Abbildung. Helbling

Zusammenfassung: Prädiktive Simulationsmodelle optimieren die Kühllösung für Vollgummireifen
Vollreifen bieten erhebliche Vorteile für autonome Transportfahrzeuge aufgrund ihrer Haltbarkeit und geringen Wartungsanforderungen. Die Kontrolle ihres thermischen Verhaltens ist jedoch entscheidend für Sicherheit und Leistung. Durch detaillierte Simulationsmodelle zeigt sich, welche grosse Bedeutung effektive Kühlsysteme in der Anwendung von Vollreifen besitzen und wie die Kühlsysteme ausgelegt werden müssen, um bei hohen Geschwindigkeitsbereich die erforderliche Kühlleistung zu erbringen. Helbling bietet mit der Entwicklung und Validierung von thermischen Simulationsmodellen, unterstützt durch umfangreiche technische Daten und experimentelle Validierung, ein robustes Werkzeug zur Vorhersage des Reifenverhaltens unter verschiedenen Bedingungen. Auf dieser Grundlage lassen sich etwa durch passive Kühlsysteme effektive Lösungen finden, um die optimale Reifenleistung und Langlebigkeit zu gewährleisten.

 

Autoren: Simon Müller, Martin Thibault

Hauptbild: Helbling

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Dr. Simon Müller

Schachenallee 29
5000 Aarau

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