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Mai 2022
Personalisierte Medizin ist eine der neuesten Technologien für die Behandlung von schweren oder unheilbareren Krankheiten – die Hoffnung vieler Patientinnen und Patienten auf ein gesundes Leben. Die Verwendung genetischer und individueller Information in der Behandlung ermöglicht neue Therapieansätze. Helbling arbeitet seit mehreren Jahren mit verschiedenen Partnern an Systemen rund um die neuen Therapieansätze, wie die CAR-T Therapie, möglichst breit zugänglich zu machen. Die Demokratisierung der Therapien ermöglicht dabei, dass die aufwendigen Laborprozesse automatisiert, die Qualität der biologischen Materialien verbessert und die Zell-Herstellungsprozesse hin zum Patientenbett verlagert werden können.
In den vergangenen Jahren führten unzählige klinische Studien zu neuen Therapieanwendungen. Sie basierten auf den herkömmlichen Cell-Engineering-Technologien mit viralen und non-viralen Vektorsystemen mittels neuer Technologien wie CRISPR/Cas. Diese neuen Anwendungen ermöglichen präzise Korrekturen an geschädigten Genen, gleichzeitig minimieren sie die Risiken und Nebenwirkungen. Etwa Chimäre Antigen Rezeptor T-Zell Therapien (CAR-T) sind auf den Patienten zugeschnittene, individualisierte Therapien. Zur Bekämpfung von Krebs sind sie Meilensteine neuer Therapieformen. Heute sind sechs autologe Produkte dieser Klasse von der US Food and Drug Administration (FDA) [1] zugelassen und hunderte klinische Studien sind weltweit am Laufen.
Die Herstellung der CAR-T-Zellprodukte ist ein äusserst aufwändiger Prozess, der typtischerweise mehr als zwei Wochen dauert. Von der Zellgewinnung bis hin zur Zellinfusion zurück in den Patienten sind mehrere Geräte und Instrumente erforderlich. Die Bedienung dieser Geräte in einem hochsterilen Umfeld muss nach den regulatorischen FDA-Anforderungen im Rahmen der current good manufacturing practices (cGMP) stattfinden und benötigt hochqualifizierte Fachkräfte. Jeder Arbeitsschritt hat Einfluss auf die Qualität und die Produktkosten des biologischen Endproduktes. Therapieanbieter arbeiten daran, solche Zell- und Gentherapien für jedermann zugänglich zu machen, beziehungsweise zu demokratisieren. Helbling unterstützt die Anbieter bei der Entwicklung spezialisierter Systeme, um den Wandel in einem ersten Schritt weg von zentralisierten Laboren und hin in zu cGMP-Kliniken, in einem zweiten Schritt direkt zum Patientenbett zu ermöglichen. Letzteres ist beim Einsatz von autologen CAR-T-Therapien essentiell, da im Gegensatz zu allogenen Therapien körpereigene Ausgangmaterialien verwenden werden.
Die dezentralisierte Herstellung bringt hohe Transportaufwände mit sich. Die Zentralisierung von klinischen Krankenhausprozessen auf der anderen Seite bedingt eine cGMP-zertifizierte Infrastruktur für die einzelnen Zell- und Gentherapieprogramme, welche administrative und operationelle Kosten verursacht (Abb. 2).
Herstellbarkeit autologer CAR-T Therapien
Die Einzigartigkeit jedes einzelnen Patienten wird anhand der Immunreaktionen nach Organtransplantationen sichtbar. Die Verwendung von patienteneigenen Zellen, gewonnen durch eine sogenannte Leukapherese, verhindert Abstossungsreaktionen der körpereigenen medizinischen Produkte. Die Individualität des einzelnen Patienten wird zusätzlich durch den Krankheitsverlauf und durch die Quantität und Qualität der verfügbareren Zellen beeinflusst.
Diese Vielseitigkeit des Ausgangsmaterials ist eine der grossen Herausforderungen für die Standardisierung und Automatisierung des Herstellungsprozesses. Sie verunmöglicht einen einheitlichen «one-size-fits-all»-Ansatz und erschwert den Einsatz von vollständigen Systemlösungen am Patientenbett. Typischerweise werden die Therapien im akademischen und forschungsnahen Umfeld entwickelt und zuerst nur für wenige Patienten etabliert. Erst danach erfolgt der Transfer zu effizienten cGMP-Herstellprozessen für die kommerzielle Anwendung.
Helbling sind diese Herausforderungen sehr gut bekannt. Es wurden viele Erfahrungen gesammelt, sichere, sterile, voll-integrierte Zellprozessierungssysteme zu entwickeln. Helblings Referenzen im Rahmen der Vereinheitlichung, Automatisierung und Effizienzsteigerung von Zell- und Gentherapien sind vielfältig. Die Entwicklung solcher Systeme erfordert neben Kreativität und Methodik tiefes Verständnis der Molekularbiologie und neuartiger Sensorik. Zudem geht es um Wissen um die Kontrollsysteme für die Qualitätssicherung, Herstellung von spezifischen Spritzgusskomponenten und Verifikation der Performanz- und Qualitätskriterien für Hard- und Software.
T-Zellen Selektion
Entscheidend für die Aufbereitung und Konzentration von CAR-T-Zellen ist die Qualität der Separation von peripheren mononuklearen Blutzellen (peripheral blood mononuclear cells PBMCs) von roten Blutzellen (Erythrozyten) und den restlichen Komponenten des Blutplasmas. Dieser Prozess basiert auf Leukapherese oder Blutkonserven. Die Konzentration der CAR-T Zellen beeinflusst die nachgelagerten sogenannten Downstream-Prozesse massgeblich.
In einem solchen Systemprojekt wurde Helbling mit der Entwicklung eines massgeschneiderten Elutriationssystems beauftragt. Das System fraktioniert das Blut, jedoch mit Geschwindigkeiten, die mit den derzeit auf dem Markt befindlichen Systemen nicht erreicht werden können. Das Helbling Team entwickelte eine neue Elutriationskammer, integrierte Einweg-Kits für die Kopplung mit der Sensorik, den Ventilen und den Zentrifugationskomponenten. Der Prozess wird durch eine von Helbling entwickelte Software gesteuert. Parallel dazu entwickelte Helbling vergleichbare Systeme, welche die Separation mittels magnetischen beads oder mittels Zentrifugation erreichten (Abb. 4).
T-Zellen Aktivierung und Genmodifikation
Selektierte und aufkonzentrierte T-Zellen werden im Wachstumsmedium ex vivo vermehrt und stimuliert. Hierfür werden sogenannte magnetische beads verwendet, welche mit anti-CD3/anti-CD28 monoklonalen Antikörper versehen sind. Oder es wird gearbeitet mit zellbasierenden, artifiziellen antigen-presenting cells (aAPCs) und Wachstumsfaktoren wie Cytokine und Interleukin 2 (IL-2). T-Zellen werden mit viralen oder non-virale Vektoren, welche die chimeren antigen Rezeptor (CAR) Gene enthalten, inkubiert. Die durch die Zellen aufgenommenen CAR-Gene werden transkribiert und zum CAR-Protein translatiert und dadurch werden die Rezeptoren an der Zelloberfläche präsentiert (Abb. 5). So können die modifizierten T-Zellen die Krebszellen erkennen und über das Körpereigene Immunsystem unschädlich gemacht werden [2]. Jeder einzelne hier beschriebene Prozessschritt muss sorgfältig durchgeführt und überwacht werden.
Die Expertise von Helbling reicht vom Design, über die Umsetzung von hochpräzisen Dispensionsinstrumenten und Qualitätskontrolle bis zu Liquid-Handling-Systemen für die zuverlässige Überwachung der T-Zell-Aktivierung, Vermehrung und Modifikation. Für die Entwicklung von Verbrauchsmaterialien (consumables) und Mikrofluidik verfügt Helbling über die interdisziplinäre Expertise zur Optimierung der vielfältigen biologischen Prozesse und Methoden wie für die elektrische, physische oder chemische Zellmanipulation.
CAR T-Zellen Expansion und Formulierung
Um das volle Potential in der klinischen Anwendung zu entfalten, müssen die CAR-T-Zellen in einem Bioreaktor vermehrt werden. Nur unter optimalen Bedingungen, das heisst exakter Zusammensetzung der Gase, Nährstoffe, präziser Kontrolle der Temperatur und pH, gelingt das Zellwachstum. Weiter müssen schädliche Metaboliten aus dem Nährmedium entfernt werden. Dieser Vorgang verläuft über mehrere Tage und kann heutzutage – auch dank Entwicklungen von Helbling – über vollautomatisierte Systeme durchgeführt werden (Abb. 6).
Helbling wurde für die Entwicklung eines GMP-Bioreaktors für die Herstellung von künstlichen, allogenen Organmaterialien beauftragt. Die Aufgabe des Entwicklerteams war es, einen Bioreaktor auszulegen, welcher den Austausch von Flüssigkeiten und Gasen entlang des Kultivierungsprozesses unter Einhaltung der Prozessparameter autonom steuert. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Medizin- und Pharmatechnik unterstützt Helbling Kunden in der Entwicklung und Integration von Sensortechnologien und Qualitätskontrollen. Dabei geht es um Inline- wie Online-Überwachung der kritischen Parameter für die Expansion, Separation und Aufreinigung von Zellmaterialien.
Zusammenfassung: Helbling Technik als erfahrener Partner in der Entwicklung von neuen Zell- und Gentherapien
Wie alle Zell- und Gentherapie-Techniken wird die CAR-T-Zell Therapie die Chance auf Heilung für Tumorerkrankungen und weitere Pathologien vergrössern. Nichtsdestotrotz ist das Ausmass an Personalisierung und Variation eine Herausforderung für die qualitativ hochwertige Herstellung von biologischen Produkten und widerspricht dem Ansatz gleichbleibender Homogenität und Prozesssicherheit.
Helbling nimmt sich dieser Herausforderung an. In Kooperation mit Kunden bringt Helbling kompetente, Technologie-affine, kreative Ingenieure und Spezialisten für die erfolgreiche Produktentwicklung von Zell- und Gentherapien zusammen. Helbling hat Systeme, Gerätschaften und Lösungen für jeden Schritt für die cGMP-Herstellungsprozesse konzipiert, entwickelt und integriert. Nebst vertiefter Expertise, Werkzeuge und Mindset verfügt Helbling über ein bewährtes und auditiertes Qualitätsmanagementsystem.
Helbling ist der ideale Partner für die Entwicklung von Systemen, Geräten und Instrumenten für die Zell- und Gentherapie
Referenzen:
- CAR T Cells: Engineering Patients’ Immune Cells to Treat Their Cancers. From the NIH website: https://www.cancer.gov/about-cancer/treatment/research/car-t-cells
- T-cell selection from whole blood to enriched T-cells. Levine et al. Mol Ther Methods Clin Dev. 2016 Dec 31;4:92-101. doi: 10.1016/j.omtm.2016.12.006
Autoren: Alessandro Fammartino, Cole Constantineau, Urs Anliker, Christian Peterhans